© Bündner Tagblatt, 14-4-2004; Seite 15
Literatur als Aufhänger für eineinhalb Stunden Unfug, Satire
und Absurdes: Gion Mathias Caveltys Literaturshow im Jazzclub "Moods"
in Zürich begeistert.
Von Verena Fiva
Schlange stehen für den Eintritt gehört nach 17 Cavelty-Shows im bald schon legendären Schiffbau im hippen Zürcher Quartier Kreis 5 dazu. Glück, wer letzte Woche eine Reservation hatte. Die Literaturshow des in Chur geborenen, in Zürich lebenden Schriftstellers Gion Mathias Cavelty, lose rund alle zwei Monate, immer am Dienstagabend im "Moods", kommt an, ist seit der Premiere im April 2001 Kult für das verwöhnte Züri-Publikum geworden.
Angekündigt unter dem Titel "Aida, Tochter des Pharao" - war das hochaktuelle, hochkulturelle Thema an diesem 6. April bereits auch schon erledigt. Cavelty, mit einer Dose Redbull hinter einem roten Schreibpult sitzend, empfängt der Reihe nach auf einer Couch seine heutigen Gäste: Damian Christinger, Asien-Kenner, der nicht nur weiss, weshalb Japaner viel - aber nie bei Pointen - lachen; Verena Schläfli, Ex-Bankerin und heute "Shiatsu für Pferde, Hunde und Katzen"-Fachfrau; Viktor Giacobbo, angekündigt von Cavelty als "Godfather des Schweizer Humors".
Die "quotenbringenden Hunde" die Meridiantherapie und Samurai-Techniken, aber auch eine Bauchtänzerin, ein Reich-Ranizki-Fan und die "1000-mal geküsste" Marietta Jemmi im Lampenschirm sind eigentlich nur dazu da, dem Showmaster Cavelty zum Ziel zu verhelfen: auf Viktor Giacobbo vorzubereiten, die "Jacobinische Schreckensherrschaft" vor dessen Antritt unschädlich, mundtot, zu machen.
In der Höhle des Löwen ...
Caveltys "Strategie gegen Komiker, die zu lustig sind", geht auf. Viktor Giacobbo spielt mit, das Publikum darf ihm noch die Füsse küssen. Der Schweizer Starkomiker verlässt nicht wie ehemals Silvio Blatter die Bühne, der Abgang des wohl etwas verstörten, vielleicht entnervten Schriftstellers in einer der ersten Cavelty-Shows ist Legende geworden, hat den Kult genährt. Beigetragen haben auch die Litterband, die Hardcore-rockige Begleitband - mit Sänger Cavelty himself. Die Nähe von Litter (englisch Abfall) zum Wort Literatur ist gewollt, Informationsmüll nebst wissenschaftlichen Erkenntnissen füllen die Shows.
Unterstützt wird der distanzierte, mehrheitlich schwarz gekleidete Talkmaster von der wackelnden Sprech-Topfpflanze Marvin. Die Gäste - vorlesend - näher vorstellen darf Bettina Walch, die ehemalige Wetterfee des Schweizer Fernsehens. Und von dorther und von anderen Promi-Seiten kommen auch viele der heutigen und früheren Cavelty-Gästeschar: Monika Fasnacht etwa, Beat Schlatter, Monika Schärer oder Thomas Bucheli. "Wir wollen Gäste einladen, die das Publikum interessant findet und auch von anderswo kennt", so Cavelty in einem Interview. "Dort wollen wir ansetzten und Bezüge zur Literatur suchen."
... des Jungautors
Wer Happenings, Poetry-Slam und Trash-Kultur favorisiert, kommt auf die Rechnung, wer "Lüthi und Blanc" vorzieht, soll lieber zu Hause lesen. Die Veräppelung des Publikums ist vom gerade 30 Jahre alt gewordenen Cavelty, vom "Endlich Nichtleser"-, "Quifezit"- oder "Ad absurdum"-Autor Programm; sich gut amüsiert, laut gelacht und viel Rauch und Bierduft eingeatmet haben am 6. April im "Moods" alle.